Vor radikalen Sprüchen scheut er nicht zurück: "Ich bin aggressiv in meinen Aktionen, rücksichtslos gegen Maschinen, gnadenlos bei Harpunen und Schleppnetzen. Aber ich respektiere alle Formen des Lebens. Auch den Menschen."
Kapitän Paul Watson hat nichts dagegen, wenn man ihn einen Piraten nennt. Dieses Image hat er sogar sehr gerne. Deshalb hat er einmal sein Schiff schwarz angestrichen, eine Totenkopf-Flagge gehisst und am Bug eine Kanone montiert, mit der er Puddingladungen auf Walfänger, Robbenjäger und Marinesoldaten verschoss. "Wenn man der Piraterie ein Ende bereiten will, braucht man einen Piraten", sagt er. Es gebe zwar genügend internationale Gesetze zum Schutz der Meere, doch niemand kümmere sich um deren Einhaltung. Außer ein paar beherzten Umweltaktivisten: "Die modernen Piraten schlachten die Wale ab, weil kein Staat sie daran hindert. Wir gehen dagegen vor. Derselbe Mangel an Gesetzesvollstreckung ermöglicht uns das. Denn wenn sie uns inhaftieren könnten, dann müssten sie auch in der Lage sein, die Walfänger ins Gefängnis zu werfen."
Paul Watson fährt mehrmals im Jahr monatelang mit seinem Schiff raus und erklärt den illegalen Walfängern und Fischfabriken auf hoher See den Krieg. Seine Logik ist einfach: "Wenn die Walfänger bei ihrem Morden von mir und meiner Crew gestört werden, weil wir mit unseren Booten zwischen Harpunen und Walen hin- und herkreuzen, dann holen sie die Marine mit ihren Hubschraubern zu Hilfe, und plötzlich kostet sie ihr Raubzug eine Menge Geld. Das macht den Walfang unrentabel." Ganz abgesehen von der internationalen Berichterstattung.
Die von Watson 1977 gegründete internationale Organisation Sea Shepherd lebt ausschließlich von Spenden und den privaten Einkünften, die Watson als Buchautor und Uni-Dozent in den USA verdient. "Ich weiß nicht, warum ich das tue. Schon als Kind habe ich Fallen eingesammelt und die gefangenen Tiere befreit und ich habe die Entenjagd gestört. Es ist für mich die einzige Sache, die Sinn macht." Eine Herzensangelegenheit.
Seine Gegner haben jedenfalls kein Herz für ihn. Sie nennen ihn einen "Umweltterroristen" und verhaften ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Auch die ehemaligen Mitstreiter der Umweltorganisation Greenpeace lassen kein gutes Haar an ihm. Watson über den Zwist: "Greenpeace unterstützt die Walmassaker auf den Färöern mit dem Argument, dies sei Teil der Inselkultur. Mit demselben Argument unterstützen sie die Robbenjagd in Kanada. Also muss ich feststellen, dass die Organisation, die ich einst gründen half, heute genau die Dinge unterstützt, gegen die ich kämpfe."
Die Zerstörung von Eigentum zum Schutz von Leben sieht Paul Watson nicht als gewalttätigen Akt. "Ich finde es seltsam, der Gewalttätigkeit angeklagt zu werden, wenn ich in Wahrheit Gewalttätigkeiten verhindere. Wenn man ein Walfangschiff zerstört, rettet man das Leben von Walen. Doch in einer Kultur, die Besitz über Leben setzt, kann man das natürlich gewalttätig nennen." (Kurier (A), 14. Juni 2001)