Westdeutscher Jagdpächter verliert in einer Nacht zwölf Hochsitze -
Tätersuche bisher erfolglos
von Jeanette Bederke
Viele Jäger sind des Hasen Tod, lautet ein altes Sprichwort. In
den Wäldern von Biesenthal (Barnim) braucht sich Meister Lampe da wohl keine
großen Sorgen zu machen. Zwar ist hier auf mehreren tausend Hektar mehr als
ein Dutzend Waidmänner aktiv, doch anstatt das Wild zu hegen und der Jagd zu
frönen, machen sie sich gegenseitig das Leben schwer. Vorläufiger Höhepunkt:
das Absägen und Zertrümmern von zwölf Hochsitzen im Pachtgebiet von
Ferdinand Schwegmann. Nur noch Kleinholz im einstigen Wert von 15 000 Mark
liegt auf dem Waldboden. Von den Tätern fehlt bisher jede Spur. "Das geht
auf keine Kuhhaut mehr", schimpft Schwegmann. Schon in den vergangenen
Jahren waren ihm hölzerne Kanzeln demoliert worden. Außerdem seien seine
Jagdgäste mit Waffen drangsaliert und mit Drohbriefen erschreckt worden. Für
den Bauunternehmer aus Niedersachsen ist der Kleinkrieg nicht neu, der
Schuldige längst gefunden. "Das waren einheimische Jäger, die mir aus Neid
das Leben schwer machen und den Jagderfolg nicht gönnen." Auffällig ist,
dass in der Tat nur Jagdkanzeln auf seinem Pachtgelände nahe der B 2
zerstört wurden. Gäbe es in Biesenthal eine Anti-Jagd-Bewegung, hätten
militante Naturschützer überall und unabhängig vom jeweiligen Pächter Tabula
rasa gemacht, ist er überzeugt.
Immer wieder Ärger
Doch wer sofort an einen waidmännischen Ossi-Wessi-Krieg
denkt, irrt. Zumindest nach Ansicht der Biesenthaler Jagdgenossenschaft,
Eigentümer von 1850 Hektar verpachteter Flächen. "So was lassen wir uns
nicht andichten", sagt deren Vorsitzender Kuno Marzok, "zu anderen
Jagdpächtern aus den alten Bundesländern haben wir freundschaftliche
Kontakte." Mit Schwegmann und seinen Gästen soll es hingegen immer wieder
Ärger gegeben haben: Er benutzte auf der Fahrt zu seinem Revier angeblich
nicht vereinbarte Wege, soll anderen Waidmännern dabei direkt unter dem
Hochstand durchgerast sein und Wild verscheucht haben. Vorgeworfen wird
Schwegmann zudem das unberechtigte Aufstellen von Futterautomaten. Trotzdem:
Kein Jäger säge dem anderen die Kanzel ab, bekräftigt Marzok. "Wir haben
keine Probleme in Biesenthal, vom Wessi-Vertreiben kann gar nicht die Rede
sein", sagt auch Jagdpächter Jupp Töppen, ebenso wie Schwegmann aus
Niedersachsen stammend. Wenn er zur Treibjagd einlade, komme der ganze Ort.
"Das hat schon Volksfestcharakter." Schwegmann hingegen trete arrogant oder
sogar "rosskotzig" auf, mache das Ansehen der ebenfalls aus dem Westen
stammenden Jäger gleich mit kaputt, so Töppen, der mit dem Geschäftsmann
noch ein persönliches Hühnchen wegen angeblich nichtgezahlter Honorare zu
rupfen hat. "Der hat sich mit allen Pachtnachbarn verstritten - da wäre es
nicht schlecht, wenn er aus Biesenthal verschwindet." Jäger Schwegmann
beharrt hingegen darauf, dass man ihn nicht haben wolle, obwohl er sich
nichts zu Schulden kommen ließ. Die Jagdgenossenschaft habe ja sogar ihre
Satzung verändert, um "mich zu vertreiben", klagt der Geschäftsmann.
Nur noch Einheimische
In der Tat soll das Jagdausübungsrecht künftig nur noch an Ortsansässige
vergeben werden, bestätigt Marzok. Er sieht darin nichts Unrechtes, zumal
diese Regelung durch das Brandenburger Jagdgesetz gedeckt sei. "Einheimische
können sich viel besser um ihr Jagdrevier kümmern als Auswärtige, die nur ab
und zu vor Ort sind", argumentiert er. Unterpächter sowie Inhaber so
genannter Begehungsscheine seien hingegen weiterhin nicht an den Wohnsitz
gebunden - man schließe also niemanden aus. Doch das ruft nun wieder die
auswärtigen Jagdpächter auf den Plan. "Die Satzungsänderung ist nicht in
Ordnung. Wir haben uns nichts vorzuwerfen", meint Töppen, der für einen
neuen Vertrag kämpfen will. Reibereien zwischen Jägern und Bauern oder
Landeigentümern sowie Grenzstreitigkeiten gehören für Olaf Neu, Chef der
unteren Jagdbehörde des Kreises, zum Alltag. "Wenn man bedenkt, dass es mehr
Waidmänner als Pachtflächen gibt, ist ein eigenes Revier der Traum jedes
Jägers." Im Barnim mit 120 000 Hektar bejagbarer Fläche gebe es noch weitere
Pächter aus Westdeutschland, ein solcher Fall von Jägerkrieg sei bisher
einmalig.
(Nordkurier, 06. Oktober 2001)