Der Entschluss des Bundesrates, die Käfighaltung für Legehennen in Deutschland bereits 2006 und nicht wie erwartet 2009 im Alleingang abzuschaffen, hat die deutsche Eierwirtschaft bis ins Mark getroffen. Viele sehen die Existenz der Branche in Deutschland gefährdet.
Der Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) in Bonn will gegen die Entscheidung juristisch vorgehen. Wie es von dort heißt, sind bereits Anwälte mit der Angelegenheit befasst, um dann zu entscheiden, wie verfahren werde. Der Verordnungstext wird in den nächsten Wochen erwartet.
"Die komplette Umstellung von Käfighaltung auf Boden- und Freilandhaltung kostet die Branche in den kommenden vier Jahren rund 3 Mrd. DM", schätzt Friedrich Behrens, geschäftsführender Gesellschafter von Heidegold in Fintel, den Aufwand.
"Verringert sich die Investitionssumme um 50 Mio., sinkt der Selbstversorgungsgrad um 1 Prozent", so der Experte; derzeit liege er in Deutschland bei rund 65 Prozent. Importe kommen ganz überwiegend aus den Niederlanden.
Viele sehen da nur den Weg ins Ausland. "Wir haben bereits zahlreiche Anfragen von deutschen Unternehmen, die in Osteuropa investieren wollen", berichtet Josef Meerpohl, Vorsitzender des Aufsichtsrates bei Big Dutchman, Hersteller von Fütterungsanlagen und Stalleinrichtungen mit weltweiter Ausrichtung. Das wird auch die deutsche Futtermittelindustrie treffen.
"Wie sollen wir da konkurrenzfähig bleiben. Die Entscheidung vom 19. Oktober kommt für unser einer Enteignung gleich." Viel lieber als Schadensersatz wäre ihm jedoch eine Gleichstellung der Branche in Europa. Diese Hoffnung scheint aber bis auf weiteres dahin zu sein. "In Deutschland wird es keinen genehmigten Käfig mehr geben", so Behrens, "auch keinen ausgestalteten."
Unternehmen, die sich vor drei oder vier Jahren mit neuen Käfiganlagen ausgestattet haben, sehen sich heute in einer verfahrenen Situation. Noch längst sind die Anlagen nicht abgeschrieben.
"Das ist etwa nach 10 Jahren der Fall", so ein Kenner, "und erst dann wird das Ganze erst profitabel." Insbesondere Unternehmen in den neuen Bundesländern wären sehr besorgt, so die Landkost-Ei in Bestensee. "Bis 2006 können wir eine Umstellung nicht schaffen", sagt eine Sprecherin des Unternehmens, "selbst 2009 wäre knapp gewesen. Wir haben kein Konzept."
Insbesondere die Industrie werde sich wohl kaum einen Umstieg auf alternativ produzierte Eier leisten wollen, so Meerheimb. Rund ein Drittel der in Deutschland konsumierten Eier gelangen zur industriellen Verarbeitung, wo derzeit nur die wenigsten die Herkunft der Ware als Auswahlkriterium heranziehen.
"Wir müssen aber unbedingt den Handel überzeugen, künftig noch stärker auf deutsche Ware zu setzen", mahnt Behrens. Bislang geführte Gespräche im Zuge von Jahresgesprächen ließen diesbezüglich hoffen.
Anderen scheint die Solidarität des Handels eher zweifelhaft. "Derzeit gibt es landauf, landab wieder Angebote von 99 Pfennig für 10 Eier. Auch Aldi hat die Preise für Freilandware von 2,49 DM auf 2,29 DM gesenkt, obwohl neue Verträge frühestens ab Januar anlaufen werden." (LZ, 6. November 2001)