Die Ankunft des Überfall-Kommandos verlief wohl geordnet. Drei Frauen, berichteten Augenzeugen, wiesen der Autokolonne den Weg zum Zielobjekt in der Straße Kesselfeld, einer Seitenstraße des Kappenberger Damms. Gegen 14 Uhr schritten die maskierten Männer und Frauen zur Tat: 40 bis 50 militante Tierschützer, schätzt die Polizei, drangen am Samstagnachmittag gewaltsam in die Räume der Firma Covance ein.
Auf Alu-Leitern überstiegen sie den zweieinhalb Meter hohen Drahtzaun, drangen in die Labore ein und zerstörten Teile der Einrichtung. Die Aktion löste einen Großeinsatz der Polizei aus: 70 Beamte, darunter Ordnungshüter aus den Kreisen Warendorf, Coesfeld und Steinfurt, durchkämmten ab 17 Uhr den Kappenberg- und den Holzbrooksbusch, über ihnen kreiste der Polizei-Hubschrauber Hummel. Zehn Aktivisten aus dem Ruhrgebiet, Berlin und Hamburg, darunter mehrere der Polizei einschlägig bekannte Personen, gingen einer Einsatz-Hundertschaft ins Netz. Gestern Nachmittag ließ die Polizei die sechs Männer und vier Frauen wieder laufen nach einer Nacht des Schweigens.
Sie wollten Versuchstiere befreien, berichtete Polizeisprecher Rafael Jona gegenüber den WN ein Covance-Sprecher betonte, dass ihnen dies nicht gelang. Die Polizei fand mehrere, bereits früher verendete Primaten-Kadaver.
Die Firma Covance hat ihren Sitz in Princeton im US-Bundesstaat New Jersey. Sie beschäftigt 7100 Mitarbeiter in 17 Ländern. In Deutschland betreibt sie Niederlassungen in Münster und in München. Der Konzern stellt medizinische Wirkstoffe her und entwickelt neue Medikamente.
Gestern Nachmittag meldete sich ein Sprecher der Aktionsgruppe gegen Tierversuche in der WN-Redaktion. Ziel der Aktion sei es gewesen, das Leid der eingesperrten Mäuse, Kaninchen, Affen und Ratten zu dokumentieren. Die Firma führe so genannte Routinetests an unzähligen Tieren durch je nach Medikamenten-Dosis würden die Tiere an Vergiftungserscheinungen leiden und qualvoll sterben.
Der Covance-Sprecher bestreitet diese Darstellung. Als Versuchstiere dienten ausschließlich Affen, die hochspezialisiert sind und in der Natur nicht überleben würden. Covance arbeite als Auftrags-Forschungsinstitut: Auf Wunsch großer Pharmakonzerne überprüften die Mitarbeiter im Rahmen der behördlich vorgeschriebenen Zulassungsverfahren die Wirksamkeit und Verträglichkeit neuer Wirkstoffe und Medikamente.
Falsch sei zudem die Behauptung, Covance verdiene am Verkauf von Tieren. Während die Aktionsgruppe behauptet, die Firma biete via Internet Tiere zum Kauf an, betonte der Firmensprecher: Wir handeln nicht mit Tieren. (Westfälische Nachrichten, 18. November 2001)