Anleitung zum Durchhalten

Welche Verbraucher es geschafft haben, ihre Vorsätze zum Rindfleischverzicht auch umzusetzen

Fast über Nacht änderten viele Deutsche ihre Ernährung, als im November letzten Jahres der erste einheimische Fall von Rinderwahn bekannt wurde. Der Rindfleischverkauf sackte auf weniger als die Hälfte ab. Plötzlich hatten die Menschen Angst, sich mit Prionen zu infizieren, die vermutlich die tödliche neue Variante der Creutzfeldt-Jakob- Krankheit auslösen. Doch wie so oft bei guten Vorsätzen – bald schon fielen zahlreiche Verbraucher wieder in ihre gewohntes Essverhalten zurück. In diesem Monat, so schätzt die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle in Bonn, wird der Verbrauch nur noch etwa 15 Prozent unter dem vom September 2000 liegen.

Online-Studie

Warum die meisten Bundesbürger mit ihren Vorsätzen zum Fleischkonsum scheiterten, haben die Berliner Gesundheitspsychologen Ralf Schwarzer und Falko Sniehotta nun anhand einer Online-Studie überprüft. Eines der wichtigsten Ergebnisse: Ein Risiko nur wahrzunehmen, reicht nicht aus. „Damit man sein Verhalten wirklich umstellt“, sagt Sniehotta, „muss man sich zutrauen, mit Schwierigkeiten fertig zu werden – auch mit solchen, die unerwartet auftauchen.“ Schon an dieser „Kompetenzerwartung“ scheitern viele gute Vorsätze.

Kompetenz- und Ergebniserwartung

Noch eine weitere Erwartung spielt eine Rolle: die „Ergebniserwartung“, die entsteht, wenn ein Mensch die Vor- und Nachteile verschiedener möglicher Verhaltensweisen abwägt. Gemeinsam mit dem Vertrauen in sich selbst bildet das Abwägen die „Motivationsphase“, die dem Erfüllen der Vorsätze vorangeht.

1500 Probanden

Erstmals im März und April, dann nochmals im Juli und August hatten die Forscher Personen über das Internet nach ihrem Fleischkonsum befragt. Erste Ergebnisse der Studie stellen sie diese Woche auf dem Kongress der Europäischen Gesellschaft für Gesundheitspsychologie im schottischen St. Andrews vor. Dazu haben sie die Antworten von mehr als 1500 Internet-Usern ausgewertet, von denen gut 200 Personen an beiden Befragungen teilgenommen hatten.

Zwei Gruppen

Auf diese Weise stellten die Forscher fest, dass die Teilnehmer zwei Gruppen bildeten: Einerseits gab es Verbraucher, die vor allem wegen des ersten deutschen BSE-Falls beschlossen hatten, ihre Ernährung umzustellen. Eine zweite Gruppe dagegen hatte zuvor bereits aus anderen gesundheitlichen oder ethischen Gründen über eine Verhaltensänderung nachgedacht. „Die erste Gruppe“, so Sniehotta, „war von heute auf morgen durch die Risikowahrnehmung motiviert und hatte sich weit stärker vorgenommen, weniger oder kein Rindfleisch mehr zu essen, als die zweite Gruppe.“

Doch die Personen der risikomotivierten Gruppe hatten eine geringere Kompetenzerwartung: Sie waren deutlich weniger davon überzeugt, ihr Verhalten ändern zu können, als die zweite Gruppe. Und tatsächlich fielen sie zwischen den beiden Umfragen weit stärker in ihr früheres Konsumverhalten zurück.

Motivation und detaillierter Plan

Zudem spielte es eine Rolle, inwieweit sich die Probanden bereits mit den Konsequenzen ihres Fleischverzichts auseinander gesetzt hatten: Jene Menschen, die dem Essen von Fleisch schon seit langem skeptisch gegenübergestanden hatten, gaben auch häufiger an, bereits konkrete Vorstellungen davon zu besitzen, wann, wo und wie sie ihr Verhalten ändern und welche alternativen Nahrungsmittel sie essen könnten. Nach den Erkenntnisse der Psychologen ist neben einer hohen Motivation gerade ein möglichst detaillierter Plan eine wichtige Voraussetzung fürs Durchhalten. Wer Alternativen zum Fleisch kennt, steht im Supermarkt nicht ratlos an der Fleischtheke – um dann doch mit ungutem Gefühl Rind zu kaufen.

Optimistischer Fehlschluss

Ein häufiges Phänomen bei diesen Menschen ist es auch, das Risiko abzuwerten: „Optimistischen Fehlschluss“ nennt das Ralf Schwarzer. So gab es auch in der Online-Studie einige Teilnehmer, die zwar ihren Konsum umstellen wollten, aber ihr Verhalten bis zur zweiten Befragung gar nicht verändert hatten. Stattdessen gaben sie bei der späteren Befragung an, sich weniger bedroht zu fühlen. Die Gefahr, sich mit dem Rinderwahn zu infizieren, hat sich aber seit der Einführung der BSE-Tests im Dezember letzten Jahres bis heute nicht verändert. (SZ, 21. November 2001)
Hinweis: Pressemeldungen entsprechen nicht unbedingt den Tatsachen und geben daher nicht notwendigerweise die Ansichten von veganismus.de wieder.


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